Wie wir die Generation Baby-Boomer als Spendende finden und binden
Oft auch als Generation Aufbruch oder die Wirtschafts-Wunder-Kinder bezeichnet, lösen die geburten-starken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts nach und nach die Generation Wieder-Aufbau als Spendende ab. Die Menschen zwischen Ende 50 und Anfang 70 sind oft vermögend und sehr aktiv. Und sie engagieren sich anders als die Nachkriegs-Generation, haben andere Bedürfnisse und Motive, um zu spenden, und sind eine umfangreichere Palette der Ansprache gewohnt.
Wer sind diese Baby-Boomer, und was treibt sie an?
Die Generation der zwischen 1952 bis 1966 Geborenen (nach GfK) wächst in den Jahren des Wirtschafts-Wunders auf. Wohlstand und Individualisierung wachsen von Jahr zu Jahr. Eigene Bedürfnisse und eine kritische Haltung gegenüber Institutionen und Autoritäten treten in den Vordergrund (vgl.
Gallafilz, Generationen-Wechsel im Fundraising). Geprägt vom Aufbruch rund um 1968 geht es immer mehr um den eigenen Mehrwert (Was bringt es mir persönlich?), Autonomie und Hedonismus. Das Bewusstsein „Das habe ich mir verdient.“ zeichnet die Generation ebenso aus wie Loyalität und hohe Arbeits-Moral sowie Verantwortungs-Bewusstsein (vgl.
Xing, Abschied der Babyboomer).
Vermögend und verantwortungs-bewusst
Baby-Boomer gehören oft dem Sinus-Milieu „konservativ gehoben“ an. (vgl.
Sinus Milieus Deutschland). Das Markt-Forschungs-Institut verortet die Mitglieder dieses Milieus in der vermögenden Ober-, oberen Mittel- und Mittel-Schicht und bezeichnet sie als traditionell und modern gleichzeitig: Eine „struktur-konservative Elite“ mit „klassischer Verantwortungs- und Erfolgs-Ethik sowie Exklusivitäts- und Status-Ansprüchen“. Menschen des konservativ gehobenen Milieus wünschen sich „Ordnung und Balance“ und sehen sich „als Fels in der Brandung post-moderner Beliebigkeit“.
Diese Eigenschaften wirken sich auch auf das Engagement-Verhalten der Generation Baby-Boomer aus.
Wie engagieren sich Baby-Boomer?
Während die Generation Aufbau (bis 1951 Geborene) meist auf Solidaritäts-Appelle – z. B. Menschen (und oder Tiere) in Not etc. – spendet, wollen sich Baby-Boomer aktiver engagieren, nicht nur als „Geld-Automaten“ gesehen werden. Sie wollen mit ihrer Spende etwas bewirken, Ursachen beseitigen und nicht nur Symptome lindern, kurz: aktiv mitwirken, eingebunden sein und es nicht allein den Organisationen überlassen, eine gesellschaftliche Wirkung zu erzielen.
Deshalb sind sie oft ehrenamtlich engagiert, vor allem wenn es darum geht, direkte Hilfe zu leisten und oder dabeizusein, wenn es um Klima- und Umwelt-Themen geht. Sie sind als Lese- und Schreib-Paten, Betreuerin und Coach eines Fußball-Teams von Kindern mit und ohne Flucht-Erfahrung, Schul-Begleitung, Business-Angels etc. aktiv oder demonstrieren neben ihren Enkelkindern für mehr Klima-Schutz. Baby-Boomer wollen ihr Wissen und ihre Erfahrung weitergeben, der Gesellschaft etwas zurückgeben und aktiv mithelfen. Hauptsache, es macht Spaß und hat Sinn.
Und Baby-Boomer sind zwar kritischer und schwerer zu binden, als die Generation davor. Doch mit der richtigen Ansprache und wenn wir aufzeigen, wie sinnvoll unsere Arbeit ist, gewinnen wir „Freundinnen und Freunde fürs Leben". Nutzen Sie Dankbarkeit und Verantwortungs-Bewusstsein der Baby-Boomer. Denn wer mit dem Wohnmobil um die Welt fährt, mit dem neuen eBike in den Bier-Garten und auch sonst gut situiert ist, ist dankbar und hilft um so lieber denen, denen es nicht so gut geht. Zeigen Sie die Wirkung Ihres Projekts in mitreißenden Geschichten. (Mehr zum Storytelling:
Storytelling ist Storylistening)
Wo wir Baby-Boomer finden, und wie wir sie zum Bleiben bewegen
Ebenso wie die Motivation, sich sozial zu engagieren, und die Werte der Generationen wandeln sich auch die Ansprüche an die Kommunikation und die Touch-Points, Punkte an denen wir die Menschen erreichen. Reagierte die Nachkriegs-Generation noch gut auf Post, Telefon und Print, ist die Ansprache über das Internet für Baby-Boomer selbstverständlich. Sie schätzen die Annehmlichkeiten des World Wide Web und nutzen Such-Maschinen, Messenger etc. oft genauso routiniert wie ihre (Enkel)Kinder.
Online und im E-Mail-Fach
Daher erreichen wir Baby-Boomer gut über Online-Werbung. Da sie seltener Ad-Blocker als jüngere Generationen verwenden und meist alle Cookies zulassen, erhalten sie auf sie abgestimmte Werbung. Es lohnt sich also über AdWords bzw. AdGrants nachzudenken und das Such-Maschinen-Marketing zu optimieren (SEO und SEA). So hilft ein gepflegter Google MyBusiness-Kanal und oder ein Expertise-Blog auf der eigenen Homepage beispielsweise dabei, sichtbarer zu sein und den Menschen Mehrwert zu bieten.
Ebenso wie ein Newsletter mit ausgesuchten Inhalten und besondere, auf die Zielgruppe abgestimmte Mailings. Denn Baby-Boomer wählen nach ihrem persönlichen Mehrwert aus. Was ihnen persönlich nichts bringt, klicken sie weg. Daher gilt: Schon die Überschrift bzw. der Betreff müssen klar machen, dass es sich lohnt, den Newsletter oder Blog-Artikel zu lesen.
Individuell und angepasst
Und achten Sie auf die Sprache. Diese sollte zur Zielgruppe passen. Schreiben Sie eher „bemerkenswert“ statt „krass“, „lässig“ statt „cool“, „klasse“ statt „mega“ etc., und sprechen Sie in ihren Mailings Boomer-Werte wie Loyalität, Sinn für soziale Gerechtigkeit, Ausdauer etc. an.
Wenn Sie die Geschichte Ihres Projekts erzählen, nutzen Sie generations-typische Namen wie Monika, Sabine, Brigitte oder Peter, Michael, Thomas und für die Kinder der Baby-Boomer (die zwischen 1982 und 1997 geborenen Millennials): Sarah, Laura, Katharina oder Lukas, Kevin, Marcel. Das fördert die Identifikation und bindet emotional.
Und sicher hilft es auch, wenn Sie für Gedrucktes ein bis zwei Punkt größer wählen (statt 11 pkt. 12 oder 13). So kommen die Lesenden auch ohne Brille weiter.
Social Media informiert
Und obwohl die Kinder des Wirtschafts-Wunders wenig über Social Media spenden, informieren sie sich über Facebook und sogar Instagram. Selbst TikTok wird ab und zu als Informations-Quelle angegeben.
Wir erreichen Baby-Boomer gut über Facebook-Expertise-Gruppen und YouTube-Tutorials. Regen Sie zum Beispiel eine Diskussion in Ihrem Facebook-Account an zu einem Thema, das Ihre Organisation antreibt. Oder erläutern Sie auf Ihrem YouTube-Kanal wie bienen-freundliches Gärtnern geht. Und rufen Sie am Ende zur Spende auf, oder zum Mitmachen. Hauptsache, der Button führt direkt zur entsprechenden Seite.
Baby-Boomer spielen online
Und auch über Gaming erreichen wir die Generation Aufbruch. Studien haben gezeigt, dass Gaming nicht nur jüngeren Männern vorbehalten ist, wie wir oft beobachten, sondern dass auch vor allem Frauen und ältere Menschen online spielen. Daher kann Twitch.TV und die Spenden-Aktionen dort eine lukrative Spenden-Quelle sein. Denn wenn gleich-altrige Gamer auf einem „Friendly fire“ (vgl.
Wikipedia Friendly Fire) oder „Loot für die Welt“ um Spenden bitten, ist das Vertrauen der Zuschauenden gleich viel größer.
Der Marketing-Mix machts
Ihre Ansprache sollte sich aber nicht nur auf online beschränken. Auch Wochen-Blätter und Tages-Zeitungen (auch als ePaper) sind bei Baby-Boomern beliebte Informations-Quellen. Daher lohnt es sich, auch Frei-Anzeigen zu erstellen und den Zeitungen anzubieten. Ein QR-Code in der Anzeige sollte dann direkt zum Spenden-Formular auf der Homepage führen.
Und da die Generation Baby-Boomer eine sehr aktive Generation ist, die ihre Freizeit genießt und es sich leisten kann, mit Wohn-Mobil und oder eBike durch die Welt zu touren, sind Info-Stände auf Freizeit-Messen, Faltblätter am Wein-Probier-Stand, Plakate im Bio-Laden, Durchsagen im Radio des Garten- und Bau-Centers etc. oder und (Frei)Anzeigen in Reise-Magazinen auch eine gute Gelegenheit, Ihr Anliegen an die Menschen zu bringen. Und sogar in Podcasts, die die Zielgruppe und deren Themen adressieren, können Sie ihr Anliegen einbringen, und so die Generation Baby-Boomer für ein Engagement gewinnen.
Call to Action – Einmal klicken, Spende schicken
Wie bringen wir nun die interessierten Boomer dazu, sich für unser Anliegen, unser Projekt zu engagieren?
Vor allem bei Geld-Spenden ist es wichtig, dass die Menschen direkt auf die Seite gelangen, auf der sie spenden können. Das heißt, wenn jemand über eine Such-Maschine, einen im Radio gehörten oder einen Social Media-Link auf Ihre Homepage kommt, sollte der Spenden-Button prominent platziert sofort aufzufinden sein und beim Scrollen sowie von Seite zu Seite mitwandern.
(Anmerkung: Das gilt nicht nur für Baby-Boomer. Auch andere Nutzende verlassen eine Website durchschnittlich nach 10 bis 20 Sekunden. In dieser Zeit muss der Mehrwert für die Spendenden klar sein, damit sie bleiben und weiter klicken.)
Oder Sie verlinken direkt auf das Spenden-Formular, sei es aus Social Media, Ihrem Newsletter oder Blog, oder mit einem QR-Code auf Ihren Falt-Blättern, Visiten-Karten, einem Plakat etc..
Bleiben, um zu spenden
Damit die Menschen bleiben und die Spende wirklich veranlassen, überlegen Sie genau, welche Angaben Sie als Pflichtfelder markieren. Denn auch wenn die meisten Baby-Boomer keine Ad-Blocker verwenden, ihr Mikrofon immer an haben und alle Cookies zulassen, wollen Sie vielleicht trotzdem nicht alle ihre persönlichen Daten preisgeben.
Daher setzen Sie auf Freiwilligkeit und schreiben zum Beispiel: „Wir möchten Sie gern auch weiterhin über unsere Projekte informieren, und freuen uns, wenn Sie uns dafür Ihre Daten geben.“ Darunter folgen dann freiwillige Felder, die abfragen: Namen, Anschrift, E-Mail, Geburts-Datum, eine freies Feld für Bemerkung etc.. So kann jede Person frei entscheiden, welche Daten sie Ihnen anvertraut. Für eine Zuwendungs-Bestätigung könnten Sie ein Feld eingeben: „Spendenquittung erwünscht“ - ja / nein. Drücke ich auf ja, öffnet sich ein Drop-Down-Menü, in dem dann Name und Anschrift Pflicht-Felder sind.
Das Angebot, Ihren Newsletter zu abonnieren, können Sie in die automatische Dank-Bestätigung einfügen. So erhalten Sie die E-Mail-Adresse über Double Opt In-Verfahren und sind auf der Daten-Schutz-sicheren Seite.
Zahlungs-Arten und Summen-„Anker“
Bei den Zahlungs-Arten sollten möglichst viele vertreten sein. Für Baby-Boomer sind Lastschrift und Sofort-Überweisung immer noch die beliebtesten Zahlungs-Methoden. Und auch wenn PayPal oder andere elektronische Zahl-Methoden und Kredit-Karte für diese Generation eine eher untergeordnete Rolle spielen, sollten Sie sie anbieten, denn vor allem die Jüngeren der Generation spenden immer öfter online.
Und schlagen Sie Spenden-Summen, sogenannte „Anker“-Spenden, vor. Denn die freien Summen richten sich danach. Ist der Anker hoch, ist auch die freie Summe höher. Hier sollte für jeden Geld-Beutel und jedes Vermögen etwas dabei sein.
Dann erstellen Sie noch einen „Wirkungs-Shop“ oder Spenden-Shop. Hier erfahren die Spendenden, was sie mit ihrer Spende bewirken und wie sie in das gemeinschaftliche Engagement eingebunden sind. Das virtuelle Durchblättern ist vom Online-Shoppen vertraut, und die Bilder erzeugen eine emotionale (Ver)Bindung.
So beginnt eine langfristige Engagement-Beziehung.
Nachtrag „Ausnahmen bestätigen die Regel"
Einer meiner Lieblings-Lektoren wies mich darauf hin, dass ich noch mal ganz klar sagen soll, dass meine Artikel meine Meinung aus Beobachtungen und Erfahrungen wiedergeben.
Und dass ich verallgemeinere. Daher: Auch in der Generation Baby-Boomer sind nicht alle gleich, und jeder Jahrgang und jede Gruppe dürfte eigene Besonderheiten und Vorlieben haben. Daher ist es - wie immer - wichtig, dass Sie Ihre Zielgruppe kennen. Wer interessiert sich für Ihr Anliegen? Was sind das für Menschen? Welchen Mehrwert können Sie diesen Menschen bieten, damit sie sich für Ihr gemeinsames Anliegen in Ihrer Organisation, Ihrem Verein engagieren? Arbeiten Sie mit Personas. Mehr dazu beschreibe ich im Artikel
Sales Artist werden - Zielgruppe kennen.
Und für alles andere halte ich es mit den Fraggles: „... Manchen kann man´s oft recht tun, doch allen eben nie..." (Fraggles Abspann-Song)