TikTok - die verpasste Großchance?Die Kurzfilmchen-App TikTok verbreitet sich gerade rasant unter Teenagern und wird von manchen Experten als DAS neue Marketing-Tool gehypt. Aber taugt eine Plattform, die in kurzer Abfolge 10 bis 15 Sekunden lange Filmchen zeigt, wirklich als nachhaltige Markenbotschafterin? Verpassen wir, wenn wir TikTok nicht nutzen, wirklich eine große Chance? Generiert die quantitative Reichweite auch qualitative Ergebnisse? Bleibt unsere Marke also im Gedächtnis, so dass weitere Handlungen, wie bspw. Kontaktaufnahme, eine Spende oder das Einholen weiterer Informationen, angestoßen werden?
Millionenfache Reichweite - reicht das?
Dr. Robin Kiera, Autor des Artikels „
Tiktok - Die nächste Großchance, die wir verpassen“ schreibt, dass TikTok millionenfache Reichweite beschere und dadurch alle anderen Kanäle überhole. Das stimmt sicherlich, gilt aber nur für die Quantität. Welche Qualität diese Reichweite hat, darüber lässt Kiera die Menschen im Unklaren, erläutert aber später, dass den Usern „aufgrund der Kürze der Videos und der rigiden Auswahlmethoden des Algorithmus … meist ein für sie passendes Video nach dem anderen angezeigt“ werde. Da frage ich mich: Behalten die Zuschauer denn irgendetwas von dem, was sie gesehen haben, im Gedächtnis? Sehr nachhaltig wirkt diese Form des Konsums jedenfalls nicht auf mich.
Daher glaube ich auch nicht, dass TikTok Plattformen wie Instagram, Pinterest oder YouTube ablösen wird, wie Kiera es für möglich hält. Ich sehe eher dass TikTok die Social Media Welt ergänzt.
Zielgruppe entscheidend
Denn auch für Kanäle der Sozialen Medien gilt: Die Zielgruppe ist entscheidend. Wen spreche ich mit meinem Angebot an? Ist es die Generation Z (iBrains) und Gen Smartphone (Smarties) - die ab 1997 und 2012 Geborenen - die diese Form des schnellen Konsums gewöhnt sind, ihr Wissen oft über Tutorials auf YouTube erweitern und die Filmchen lustig finden? Oder richtet sich Ihr Anliegen bzw. Angebot eher an eine ältere Generation (Y oder gar X, 1982 bis 1996 bzw. 1967 bis 1981 Geborene), für die TV noch kein „kaputtes YouTube“ ist, und die Kanäle wie Facobook, Instagram und Pinterest nutzt, um sich zu informieren, auszutauschen und längerfristig zu kommunizieren?
Chance für Marken, die sich an sehr Junge richten
TikTok bedient eine sehr junge Zielgruppe, die flexibel und schwer zu binden ist. Da diese jungen Menschen allerdings die Fachkräfte und Kunden von Morgen sind, ist es sicher sinnvoll, sich mit der App auseinanderzusetzen und Inhalte zu generieren. Bleiben Sie dabei jedoch authentisch und überlegen Sie genau, ob ihre Inhalte auch zur Zielgruppe passen! Überspitzt ausgedrückt: Erwarten Sie nicht, Kunden für Rollatoren über TikTok zu generieren! Nachwuchs-Fachkräfte und oder Spender für Umweltthemen oder anderes können Sie auf TikTok aber sicher finden, wenn Sie die Kids da abholen, wo sie stehen, also in ihrer Welt.
Es ist sinnvoll, sich vorher intensiv Gedanken zu machen, mit welchen Inhalten Sie die Aufmerksamkeit der zukünftigen Erwachsenen erregen und sie dazu bringen, Ihre Inhalte zu teilen. Denn nur so generieren Sie dann auch die von Kiera gelobte „millionenfache Reichweite“.
Nicht jedem Trend nachlaufen
Aber natürlich müssen Sie nicht jedem digitalen Trend hinterherlaufen. Die Social Media-Welt ändert sich gefühlt stündlich. Was heute der aktuelle „heiße Scheiß“ ist, kann morgen schon vergessen sein - gerade hat bspw. der Erfinder von Vine - das man als das amerikanische TikTok der 2010er Jahre bezeichnen könnte - wieder eine App auf den Markt gebracht, die TikTok Konkurrenz machen wird und bereits sehr gut läuft: Byte.
Also: Bleiben Sie cool!
Denn die hohen Nutzerzahlen von TikTok rühren unter anderem auch daher, dass die Plattform aus China kommt, wo die App trotz Zensur bisher noch am meisten Nutzer zu verzeichnen hat.
Ein Trend ist aber sicher: Die Bedeutung von Bewegtbild steigt, ebenso wie Gamification und Interaktion, also Quize und andere Spiele zu bestimmten Themen, ein Beispiel hier ist: The Climate Trail, was in Amerika zum Teil sogar als Schulfach gespielt wird.
Und noch ein Trend, der - zumindest mich - beruhigt, ist zu beobachten: Die Menschen legen trotz - oder vielleicht auch gerade wegen - der Digitalisierung ihres Lebens immer mehr wert auf Vernetzung und Beteiligung - auch offline.