Corona wirkt

Christine Gediga • 16. März 2020

Die Krise auch als Chance sehen

Eigentlich wollte ich heute ein Update mit den neuesten Entwicklungen zu meinem kürzlich geschriebenen TikTok-Artikel posten und einen Artikel über Texte, die emotional ansprechen, schreiben, doch beim Blick auf die gegenwärtige Corona-Lage möchte ich lieber der alarmisierenden Stimmung, die Medien und Wirtschaft rund um Corona verbreiten, ein paar positive Gedanken entgegensetzen. Denn jedes Schlechte birgt ja auch Gutes in sich, man muss die Chance in der Krise nur sehen.

Mit Corona die Klimaziele erreichen
Durch die drastischen Maßnahmen der Regierungen in vielen Ländern und Bundesländern kommt das soziale Leben zum Erliegen, heißt es. Das gilt sicher für bestimmte Bereiche des sozialen Lebens, vor allem die, zu denen ein längerer - meist mit dem Auto zurückgelegter - Weg führt, andere Bereiche hingegen könnten wachsen. Statt nämlich mit dem SUV in die Shopping-Mall oder zum 50 km entfernten Biobauern zu fahren - was an sich schon absurd ist - kann man jetzt lieber die Läden um die Ecke kennenlernen. Und wer statt ins Fitness-Studio zu fahren, mit dem Rad an der frischen Luft unterwegs ist, tut nicht nur etwas für die Gesundheit, sondern auch für die Umwelt. Und da weniger Feinstaub ausgestoßen wird, weil weniger Menschen im Auto unterwegs sind, ist die Luft tatsächlich frisch und gesund - Feinstaub verkürzt übrigens die Lebenserwartung um ein halbes Jahr mehr als Rauchen. Außerdem verringern wir den Abrieb von Mikroplastik, wenn wir das Auto stehen lassen, und es entstehen weniger klimaschädliche Gase. So hilft der Virus dabei, dass wir Klimaziele einhalten können und sorgt für bessere Luft. 
Und vielleicht wird auch die Hoffnung, die Greenpeace-Redakteurin Kerstin Eitner im Editorial des aktuellen Newsletters äußert, wahr: „Wenn zudem die Einsicht wächst, dass es vielleicht billig, aber nicht sonderlich nachhaltig ist, die Rohstoffe für ein Produkt aus Land A zu beziehen, es in Land B fertigen, in Land C mit Etiketten bekleben und in Land D verpacken zu lassen, damit es letztlich in Land E gekauft wird, dann ändern sich mittelfristig hoffentlich auch viele Fertigungsprozesse. Und sicher wäre es auch ganz sinnvoll, wichtige Medikamente und andere Medizinprodukte im eigenen Land oder, im Fall der EU, im eigenen Wirtschaftsraum herzustellen.“ Und vielleicht ist das sogar die letztendlich kostengünstigere Variante?!

Solidarität leben
Und nicht mehr - sozusagen ungebremst - mit dem Auto überall hinzufahren, bedeutet nicht automatisch, dass das soziale Leben zum Erliegen kommt. Wir erleben derzeit an vielen Orten wieder Solidarität, wenn Nachbarn anbieten, Kinder von Berufstätigen zu betreuen, da die Kitas und Schulen geschlossen sind, Besorgungen für besonders gefährdete Personen zu übernehmen oder einfach nur aufeinander aufzupassen. Auf einmal übernehmen Menschen wieder mehr Verantwortung für sich und andere und helfen einander. Das soziale Leben blüht in diesen Bereichen also eher auf. Menschen nehmen sich wieder Zeit füreinander - denn die haben sie ja jetzt, da viele Termine ausfallen - und lernen sich besser und oder neu kennen.

Bedingungsloses Grundeinkommen thematisieren
Die Krise trifft sicher am schwersten die kleinen und kleinsten Unternehmungen, freie Kunst- und Kulturschaffende, die kleinen Kneipen und Lokale und viele mehr, mit Folgen, die wir uns jetzt möglicherweise noch gar nicht ausmalen können. Aber vielleicht erhöht das auch den Druck von unten auf unsere Staatsmenschen, sich endlich zu fragen, ob es nicht sinnvoller und letztlich sogar günstiger ist, jedem Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen zu zahlen, als Tausenden von insolventen Firmen und Schaffenden Entschädigungen zu zahlen und Auffangschirme einzurichten, die dann doch wieder nur die Reichen reicher machen.

Wachstum durch Digitalisierung 
Anzunehmen ist auch, dass, wenn Firmen und Staatsmenschen erst einmal gemerkt haben, dass sich viele Treffen und Besprechungen auch per Videokonferenz und Arbeit im Home Office erledigen lassen, die digitalen Techniken wachsen. Das hat wiederum Auswirkungen auf den Pendelverkehr und Dienstfahrten, so dass - sofern die Technik mit erneuerbaren Energien betrieben wird - das Klima geschützt wird, und die Lebensqualität der Menschen steigt. Denn wer sein Leben mehr daheim und oder im Co-Working-Büro um die Ecke als auf der Autobahn verbringt, bekommt Qualitäts-Lebenszeit geschenkt.
Ein Nullwachstum, wie es bestimmte Industrie- und Wirtschaftszweige gerade wieder prophezeien, bleibt daher vermutlich eher aus. Zwar werden sicherlich einige Wirtschaftszweige schrumpfen, dafür aber andere - wie digitale Techniken und erneuerbare Energien - wachsen. 

Wenn wir und unsere Staatsmenschen jetzt also klug und besonnen handeln, erneuerbare Energien und digitale Techniken mehr fördern und die Menschen wieder zu mehr Solidarität finden, dann kann der gesellschaftliche Wandel hin zu einer gerechteren Welt mit besserer Luft, gesundem Klima und mehr Lebensqualität für alle gelingen. Und das darf dann gern - Vorsicht Kallauer - "viral gehen".

(Anmerkung zu chinesischen Schriftzeichen: s. Handelsblatt vom 11.1.2010. 
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