Bringt Feministische Außenpolitik Frieden?
Auch mich bewegt dieser Tage - wie wohl die meisten von uns - der Krieg in der Ukraine. In diesem Zusammenhang begegnet mir immer wieder der Begriff Feministische Außenpolitik. Die einen regt er auf, da sie ihn als diffamierend empfinden, die anderen sehen ihn und das, was dahinter steht, als Hoffnungsträger. Doch was bedeutet Feministische Außenpolitik eigentlich?
Ist Frieden weiblich?
Fest steht, wo Frauen regieren, gibt es oft ein sozialeres System, besonnenere Entscheidungen und mehr Gerechtigkeit. Gleichberechtigte Gesellschaften sind meist ökonomisch erfolgreicher, stabiler und sicherer. Und laut unwomen.org bzw. des International Peace Institute von 2015 steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Frieden mindestens 15 Jahre hält, um 35 Prozent, wenn Frauen am Friedensprozess beteiligt sind. (aus:
Reimagining Peacemaking: Women’s Roles in Peace Processes). Und in einem Artikel über Feministische Außenpolitik auf swissinfo wird die Co-Gründerin des Centre for Feminist Foreign Policy (CFFP) Marissa Conway zitiert: „Der beste Weg zur Sicherung eines nachhaltigen Friedens in der Welt ist ein feministischer aussenpolitischer Rahmen, in dem die Rechte von Frauen und Minderheiten in allen politischen Entscheidungen im Mittelpunkt stehen und nicht als nachträgliche Überlegungen hinzugefügt werden".
Auch das
Dossier der Heinrich Böll Stiftung zu Feministischer Außenpolitik beginnt mit der Erkenntnis, dass Frieden eher weiblich ist und erläutert dies umfassend.
Feministische Außenpolitik - was ist das eigentlich?
In ihrem Essay aus Februar 2022
Mehr als Frauenpower: Feministische Außenpolitik ist nicht naiv, sondern besser beschreibt Kristina Lunz in Der Tagesspiegel Feministische Außenpolitik so: Sie „ist transparent, antimilitaristisch und auf Klimagerechtigkeit und Kooperation statt Herrschaft über andere ausgerichtet. Feministische Außenpolitik möchte patriarchale Strukturen innerhalb von Außen- und Sicherheitspolitik zerschlagen.“
(Kurzer Ausflug ins Framing: Das Wort „zerschlagen“ passt meines Erachtens wenig zum „antimilitaristischen“ Anspruch und zeigt, wie weit der Weg noch ist für eine feministisch friedliche Welt auch in der Sprache. Wörter wie „aufbrechen“ oder „ersetzen“ finde ich hier geeigneter. Mehr zum Thema Framing in der Sprache erläutere ich in meinem Blog-Artikel
Framing und Storytelling.)
Im weiteren Verlauf des Essays beschreibt Lunz die ersten Ansätze Feministischer Außenpolitik, erläutert, welche Veränderungen geschehen müssen, damit Gleichstellung erreicht wird, und zeigt, wie Feministische Außenpolitik unter Annalena Baerbock aussehen kann.
Bascha Mika beschreibt in der Frankfurter Rundschau im Dezember 2021 Feminischtische Außenpolitik als Konzept, das „den einzelnen Menschen und nicht die Sicherheit von Staaten in den Fokus“ rückt. (aus: Ampel-Koalition: Mit „Feministischer Außenpolitik“ das ganze System neu denken). Sie zitiert die Hamburger Friedensforscherin Elvira Rosert: „Feministische Außenpolitik würde ich nicht in erster Linie als feministisch beschreiben. Ich würde sie humane Außenpolitik nennen. Es ist eine Außenpolitik, die das Individuum und die Interessen der Menschen ins Zentrum stellt, besonders von denen, die verletzlich sind. Es geht um menschliche Sicherheit in all ihren Aspekten.“
Es geht um Gleichberechtigung
Im Podcast
Was macht weibliche Außenpolitik anders?
über weibliche Diplomatie und weibliches Krisenmanagement stellt Michelle Müntefering, SPD, klar: „Frauen sind nicht per se die besseren Menschen. Darum geht es auch nicht bei einer Feministischen Außenpolitik. Sondern eine Feministische Außenpolitik will die gleichen Rechte, die gleichen Pflichten und die gleichen Möglichkeiten für Frauen schaffen.“
Hat Feministische Außen-Politik überhaupt eine Chance in Deutschland?
Das Magazin Enorm hat dazu zwei Expertinnen befragt. Ihre Meinungen gehen auseinander. Ein Streit-Gespräch:
Was kann Baerbocks neue Außen-Politik?
Female Diplomacy
Ein Buch über Frauen in der Außenpolitik von Elisabeth Motschmann (Hrsg.)
Für alle, die tiefer ins Thema einsteigen wollen.